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Satire von Bernhard Mößner

 

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Satire ...

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Die Zeitnehmer

 

Arbeitstage beginnen zeitig: Der Wecker meldet sich zur einprogrammierten Zeit, dann ist es Zeit aufzustehen, zu Frühstücken, die Zähne zu putzen, es bleibt kaum Zeit, jene Räumlichkeiten aufzusuchen, die jeder um diese Zeit aufzusuchen genötigt ist. Die Zeit drängt, schon ist es allerhöchste Zeit, rechtzeitig ins Geschäft zu eilen.
Alle unsere Mitmenschen scheinen um diese Zeit noch Zeit zu haben: Die anderen Verkehrsteilnehmer, die öffentlichen Verkehrsmittel, die Radfahrer, die Fußgänger, die Rentner, alle haben sie alle Zeit der Welt, man ist gezwungen, ihretwegen an roten Ampeln und Zebrastreifen kostbare Zeit zu vertrödeln.

Es ist die Zeit der schlechtgelaunten, weil unausgeschlafenen Morgenmuffel, und es wäre pure Zeitvergeudung, sich mit solchen Zeitgenossen länger als nötig aufzuhalten. Die Zeit rennt uns davon!
Dann kommt die Firma mit ihrer gleitenden Arbeitszeit, mit ihrer harten Kernzeit und ihrem dünnen Gleitzeitpolster. Da gilt es, seine Zeit einzuteilen. Der Mensch in der Arbeitswelt muss mit der Zeit gehen! Ein Zeitnehmer misst die Zeit im Sekundenzeittakt, um den zeitsparendsten Zeitfaktor zu ermitteln. Sein Zeitaufwand scheint sich mit der Zeit zu lohnen.
Zeiträuber lauern am Arbeitsplatz auf unsere Zeiten: Rüstzeiten, persönliche Verteil- und technische Störungszeiten, sie alle summieren sich zu nicht hinnehmbaren Fehl- und Stillstandszeiten, welche in

der Summe die Produktionskosten der Firma erhöhen. Was dort zählt, ist die reine Produktionszeit! Weg mit den unproduktiven Zeiten! Wer nicht zeitbewusst arbeiten will, soll auch nicht essen! Da gilt es, Zeitreserven aufzuspüren. Die individuellen Zeitkonten der Mitarbeiter werden mit der Zeitlupe durchsucht. Wo nahmen diese die gehorteten Zeiten her?
Betriebliche Zeitstudien sind das Gebot der Zeit, um verloren gegangener Arbeitszeit rechtzeitig auf die Schliche zu kommen! Bravo! Wo kämen wir denn da hin mit der Zeit, wenn sie einfach verschwinden lassen könnte!
Nicht wenige Kolleginnen und Kollegen arbeiten oft lange Zeit zeitgemäß mit befristeten Zeitverträgen. Andere arbeiten mit Teilzeit-Arbeitsverträgen, sie dürfen oder müssen ihre Zeit zeitversetzt auf verschiedene Firmenteilzeitarbeitsplätze verteilen.
Manche Mitarbeiter schwärmen in den kurzen Pausenzeiten von der guten alten Zeit. Andere Mitbürger sind gezwungen, eine Zeitlang oder eine lange Zeit zu Hause zu bleiben und auf bessere Zeiten zu hoffen. Verloren gegangenen Zeiten nachzutrauern ist so sinnlos, wie ein Besuch auf dem Fundbüro: niemand hat irgendeine gefundene Zeit dort abgegeben. Für Mitarbeiter, die bereits mehr als fünfundfünfzig Lebensjahre auf dem Buckel haben, ist das Arbeitsendzeitalter erreicht, ihre aktive Zeit ist abgelaufen! Moderne Arbeitszeitmodelle bieten die Möglichkeit, Zeitkonten anzulegen und Zeit anzuhäufen. Es wäre aber unklug, bei einem positiven Zeitkontostand das Zeitliche allzu frühzeitig zu segnen.
Am Zeitgeist scheiden sich die Geister: Der eine eilt seiner Zeit voraus und ein anderer hinkt ihr hinterher!
Wir lassen sie uns nicht nehmen, die Zeit! Schon gar nicht unsere sauer verdiente Freizeit! Ging uns doch unendlich viel kostbare Lebenszeit am Arbeitsplatz verloren.
Dabei müssen wir viel Zeit dafür aufwenden, einen Zeitvertreib zu finden, der in unsere Zeit passt. Wenigstens in dieser Zeit müssen wir uns abheben vom Freizeitverhalten unserer Mitmenschen.
Freizeit pur vermitteln uns die professionellen Zeitvertreiber mit ihren Freizeitclubs und Freizeitparks zu allen Jahreszeiten.
Wer mit seiner Zeit nichts anzufangen weiß, dem bleibt nichts übrig, als diese, die einzige, die er hatte, irgendwie tot zu schlagen.


© 2004 Bernhard Mößner

 


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