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Satire von Bernhard Mößner

 

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Satire ...

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Der Erstschlag

 

Am Ende ging es Schlag auf Schlag, obwohl sich sämtliche Beteiligten hervorragend geschlagen hatten: die Außenminister der befreundeten Länder, die internationale Staatengemeinschaft, vor allem der Generalsekretär der Völkergemeinschaft. Sie alle unterbreiteten den verfeindeten Regierungen der Staaten (A) und (B) pausenlos Vermittlungsvorschläge, diese versprachen, die vorliegenden Vorschläge zu prüfen, sprachen aber prompt von Scheinvorschlägen. Gegenvorschläge befreundeter Regierungschefs wurden in seltener Einmütigkeit abschlägig beschieden. Selbst Spitzendiplomaten mit einschlägigen Krisen-Erfahrungen verschlug es die Sprache: Ihre ausgewogenen Protokolle mit geheimen Zusätzen wurden unbesehen ausgeschlagen. Eine international hochkarätig besetzte Konferenz schlug vor, um etwaige Rückschläge bei ihren Bemühungen auszuschließen, ganz neue diplomatische Wege einzuschlagen:
Beide verfeindeten Regierungschefs wurden als Kandidaten für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen! Die vorher verfeindeten Politiker standen plötzlich im Schlaglicht. Die vorgesehenen Preisträger trafen sich danach mehrmals heimlich zum verbalen Schlagab-tausch. Sie zeigten sich bereit zum historischen Brückenschlag.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben sie sich heiter und schlagfertig und reichten sich einvernehmlich die Hände, zuletzt schlugen sie sich kameradschaftlich auf die Schultern. Erste Schlagbäume an den Grenzen wurden abgebaut. Halbverdorrte Friedenspalmen begannen zu grünen und auszuschlagen.
Bevor die zwei Politiker ihren Parlamenten ihre Friedensvorschläge vorlegen konnten, fielen sie Mordanschlägen ihrer eigenen Parteien zum Opfer. Das war für die beiden Völker ein harter Rückschlag. Die Nachricht von ihrem Tod schlug weltweit wie eine Bombe ein. Zeitungen und Nachrichtensender überschlugen sich mit Schlagzeilen und Mutmaßungen, aber genaue Nachforschungen nach den Tätern wurden von den jeweiligen Regierungen niedergeschlagen. Die Presseorgane beider Staaten schlugen schlagartig schärfere Töne an. Schlagworte verdrängten die Themen.
Die nach (A) und (B) delegierten UNO Diplomaten, ohnehin mit durchschlagsicheren Westen ausgestattet, forderten Gefahrenzuschläge für sich und für ihre Familien. Die abmontierten Schlagbäume an den Grenzen wurden neu angeschlagen. Alle Türen zu Verhandlungen waren damit zugeschlagen. Nie war die Lage so ernst. Die Heeresleitungen beider Staaten, die sich für unschlagbar hielten, schätzten die gegnerische Schlagkraft jeweils als gering ein.
Schlag fünf Uhr in der Frühe schlug die Armee von (A) zu! Nicht etwa, um einen Krieg zu beginnen, sondern um einem Erstschlag zuvorzukommen. Man hatte Gründe, anzunehmen, dass das Heer des Feindes (B) bereit stand, jeden Moment loszuschlagen. Der Nachrichten-dienst legte schlagende Beweise vor. Oder schlug die Heeresleitung von (B) vielleicht doch zuerst zu? Die Informationen widersprachen sich.
Um die Schlagkraft des Gegners schnell zu zertrümmern, verfolgte die Heeresleitung von (A) die Taktik, ihre Truppen mittels heftiger Schläge zentriert in Richtung feindliche Hauptstadt vorstoßen zu lassen um dort die angeschlagene Armee des Gegners endgültig zu zerschlagen. Doch der übereilte Vormarsch von (A) erwies sich als Fehlschlag, denn der verheerend geschlagene Gegner schlug heftig zurück. Nach unzähligen gegnerischen Bomben- und Granateinschlägen schlug für die Soldaten der Staaten (A) und (B) die Stunde der Wahrheit: Ihre Armeen waren geschlagen! Das war ein harter Schlag! Die Moral der Völker lag am Boden. Die Herzen in den Brüsten der Menschen schlugen langsamer, wie bei Greisen, die vom Leben nichts mehr zu erwarten haben.
Schlaglöcher überziehen die Landstraßen. Es ist zum Dreinschlagen. Allein die Heeresleitungen fühlen sich ungeschlagen! Fäuste werden feierlich an die Brust geschlagen, Finger siegesgewiss zum V geformt. Viktoria! Wir kennen unsere Schlagkraft! Wer könnte uns schlagen?
Wie die Geschichte weitergeht? Liebe Leserinnen und Leser, ich schlage vor, sie schalten ihren Fernsehapparat ein, oder schlagen die Tageszeitung auf, irgendwo auf der Welt geht es immer

Schlag auf Schlag!

© 2004 Bernhard Mößner

 

 

 

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