|
Eigentlich bin ich gern mit dem Auto unterwegs. Es macht mir auch nicht
besonders viel aus, eine halbe Stunde morgens und abends mit dem Auto zur Arbeit
zu fahren. Morgens einer glutroten Sonne entgegen und am Abend zur tief
stehenden Sonne des späten Nachmittags hin zurück nach Hause.
Mit der Zeit stellt sich beim Fahren Routine ein. Nur sollte man sich dieser
nicht so sehr hingeben, dass man kaum noch wahr nimmt, was auf der Straße
passiert. Immer wieder kommt man als Autofahrer in unvorhergesehene Situationen,
die einen ruckartig aus der Gewöhnung erwachen lassen, um anschließend der
Straße erneut einen aufmerksamen und umsichtigen Fahrer zurück zu geben.
So geschah es, dass ich wie jeden Tag der Morgenröte und dem Ursprung der Wolken
– die Schornsteine des Kraftwerkes in Leipzig Lippendorf – entgegen fuhr, um
mein Tagewerk zu vollbringen. Jedenfalls das, womit sich die notwendigen
Brötchen verdienen lassen.
Nach vollendeter Tat und mit schwirrendem Kopf trat ich den Heimweg an. Noch
leichtes Flimmern vor den Augen –der ganze Tag vor dem PC fordert seinen Tribut
– setzte ich mich in mein Auto und fuhr los. Das mobile Teil kennt den Heimweg
inzwischen allein. Ich passe nur noch auf, dass der Zeiger, welcher mir die
Geschwindigkeit anzeigt, sich nicht verbiegt.
Eine halbe Stunde Zeit, den Gedanken nachzuhängen, nachzudenken, was der
Feierabend mit mir vor hat. Wird mich die Katze wieder freundlich an der Tür
begrüßen? Ja, sie wird und ich mag es. Habe ich noch ein paar Überweisungen
auszufüllen? Rechnungen sind ja dauernd im Briefkasten. Mal sehen, wer heute
Abend an mich denkt und zu allem Glück noch ein Telefon passend dazu findet. Ich
freue mich über Anrufe von der Familie und von den Freunden. Zeigen sie mir doch
auf diese Weise, dass ich ein wichtiger Bestandteil in ihrem Leben bin, was ich
auch gerne auf gleiche Art zurück gebe.
Da passierte es. Auf der Fahrbahn lag etwas. Beim näheren Heranfahren sah ich,
dass es sich bewegte, aber es lief nicht weg. Ein Ausweichen war nicht mehr
möglich, denn neben mir brauste ebenfalls ein Fahrzeug über die Autobahn.
Natürlich weiß ich, dass man Kleintieren nicht mit ausladenden Ausweichmanövern
begegnen darf. Der vorletzte Gedanke galt dem Gesundheitszustand des Tieres. Der
letzte darum, ob ich es zwischen die Räder nehmen kann, damit es überlebt, oder
...
Kurz bevor ich darüber fuhr, erkannte ich, worauf ich zusteuerte. Es kam mir
ungewollt direkt unter ein Vorderrad. Und schon geschah es – ich überfuhr eine
noch lebende Socke und verschuldete ihren jähen Verkehrstod.
Der Wind ließ sie flattern, als regte sie sich. Geläutert und glücklich fuhr ich
den Rest des Weges heim, begrüßte mein Kleintier, freigesprochen des Mordes an
einer ihr verwandten Kreatur.
|
|