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Erzählungen von Christine Bär
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Von fliegenden Katzen
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Wie immer kam ich nach Feierabend nach Hause, wo sollte ich auch sonst hin. Noch
immer habe ich es ja nicht geschafft, einen Liebhaber in Reichweite nur weniger
Kilometer zu finden, welcher dazu auch noch um diese Uhrzeit von mir besucht
werden wollte – aber darum geht es hier ja nicht. Ich schloss also die Tür
meiner kleinen Neubauwohnung auf, wo ich wie immer von meiner Katze begrüßt und
umschwänzelt wurde. Nachdem sie ihre freudig erhitztes Körperchen auf dem
Terrazzofußboden des Treppenhauses wieder abgekühlt hatte, war sie auch gewillt,
den Rest des Abends mit mir zu verbringen und kam wieder in die Wohnung. Der
üblichen Gewohnheit gemäß öffnete ich den Balkon, um Wohnung, Katze und mich mit
frischer Luft und ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Und wie immer wartete
Mieze nur darauf, draußen den Vögeln zu lauschen, die nur wenige Meter über ihr
über die Weißenfelser Neuigkeiten, sowie die neuesten Trends der Tigerfangszene
austauschten. Dieses genießt sie gern, indem sie sich in oder auf mein kleines
Blumenregal drapiert, wo sie gleichzeitig auch noch schön aussieht. Sie weiß
gut, wie sie wirkt.
So ging ich meiner nachmittäglichen Hausarbeit nach, welche meine imaginäre
Küchenfrau auch heute wieder nicht ordentlich gemacht, bzw. nicht geschafft
hatte. Ab und an warf ich einen Blick hinaus, um zu sehen, dass sie sich nicht
zu weit übers Geländer beugt, aber das hat sie binnen 3 Jahren ganz gut im
Griff. Bis auf einen kleinen Ausrutscher vorigen Sommer, als sie mir vom
Geländer weg einen - wahrscheinlich den dreistesten der Familie - kleinen Vogel
fing und voller Stolz vor meine Füße legte. Der Katze ging es gut, dem Vogel
weniger. An diesem Tag stand Geflügel auf der Speisekarte und ich hatte es wohl
übersehen.
So saß ich schließlich auf dem Sessel bei einem Telefonat, als es auf dem Balkon
raschelte. Sofort schmiss ich den Hörer in die Ecke und sah nach. Die Katze war
nicht da. War sie es, oder eines meiner herumliegenden Utensilien und die Katze
hat sich mal wieder im Schreibtisch versteckt? Im Schreibtisch war sie nicht und
auf meine Rufe hörte sie auch nicht. Auch konnte ich vom Balkon herunterschauend
ebenerdig nichts entdecken, was einer wahrscheinlich verletzten Katze ähnelte.
Denn immerhin wohne ich in der vierten Etage.
Meine verzweifelte Fantasie trieb mich zu den unter mir wohnenden und mir leider
wenig geneigten Nachbarn zwar nicht in die Arme, aber dennoch an die Tür, wo ich
mich höflichst für die späte Störung ihres – wie an jedem anderen, den der
Herrgott ihnen in ihrem Rentnerdasein noch schenkt, auch – ruhigen Fernsehabends
entschuldigte. Ich legte ihnen meine Vermutung nahe, dass das kleine Katzentier
ggf. auf ihren Balkon ein weniger tiefes Fluchtziel gefunden haben könnte und
bat sie, doch gleich mal nachzuschauen, was sie sogleich auch und sogar sehr
mitfühlend jedoch ohne positives Ergebnis taten.
Schwermütigen Herzens und bestückt mit einer Taschenlampe, sowie in Begleitung
des untersten Rentnernachbars trat ich in die Nacht um nach Spuren oder
Anzeichen der Katze zu suchen. Weiß ich doch, dass sie sich gern versteckt und
normalerweise eine unbändige Freude daran hat, mir beim Suchen aus irgendeinem
Winkel zuzuschauen. Wir gingen einmal ums Haus – vergeblich. In der zweiten
Runde verwendete ich mein süßestes Rufen „ Miiiieeetze“ und lauschte ihrer
möglichen Antwort.
Am Ende meiner Kräfte und der Ohnmacht nahe hörte ich endlich ein einem winzigen
„miau“ ähnelndes Geräusch, welches der Stimmlage nach aus meiner Katze kommen
könnte. Die Ohren auf Fledermausgröße anwachsend (natürlich entsprechend meiner
eigenen Körpergröße und –fülle) folgte ich diesem Stimmchen und fand mein
Tierchen verschreckt, aber unversehrt unter einem parkenden Auto.
Statt mir liebevoll in den Arm zu springen, lief sie meinen süßlichen Säuseln
erst mal wieder davon. Klar, ich habe schon etwas übertrieben, aber ist das ein
Grund, die große weite Welt meiner kleinen Neubauwohnung vorzuziehen? Endlich
bekam ich sie dann doch zu fassen und konnte sie unter Zwang und des Erleidens
schmerzlicher Schrammen, welche sie mir mit allen an vier Pfoten zur Verfügung
stehenden Krallen zufügte, ins Treppenhaus verfrachten, und dort ihrem Lauf
überlassen. Sie nahm natürlich den kleinen Umweg über Nachbars Wohnung. Diese
ist vermutlich – laut Aussage des selbigen – wesentlich leiser, was aber nur
daran liegt, dass meine Katze sich benimmt, als wäre sie alleine in der Wohnung.
Denn ich, als einzelne Frau im mittleren Alter habe natürlich keine lautstarken
Hobbys.
Wobei wir nun bei der Frage angekommen wären: Können Katzen fliegen? Ja, sie
können! Aber ich bin froh, dass ich es nicht gesehen habe. Und ich bin ebenfalls
sehr glücklich, dass es ihr gut geht.
Aber bestimmt hat sie eines ihrer sieben Leben dabei hergegeben. |
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