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Glossen und Satire von Ulli Hohmann

Glosse
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Niveau

 

 


 

Kürzlich hörte ich in einem Cafe zu, wie sich zwei Frauen – scheinbar Freundinnen – lauthals über die Unsitte ihrer Männer unterhielten, dass Männer nach Nutzung der Kloschüssel den Deckel nicht schließen und ihnen das Stehpinkeln einfach nicht abzugewöhnen sei.
„Oh, ein außerordentlich spannendes Thema", dachte ich. Überhaupt, wenn ich dazu noch beobachten konnte, wie beide ihren Frust mit roten Backen und glühenden Augen in einer wuchtigen Portion Schlackermaschü – zu deutsch: riesiger Berg Kuchen mit Schlagsahne, zu befriedigen suchten. Dazu wurde Capuccino geschlürft und sie ließen kein, aber auch kein Detail über die unhygienischen Gepflogenheiten ihrer Männer aus. Zum Thema passte dann auch die offen gelassenen Zahnpastatuben, dreckige Waschbecken, herumfliegende benutzte Wäsche und das ewige Lied: „wer bringt den Mülleimer runter". Eigentlich wollte ich in dem Cafe entspannen, aber nun wurde mir wohl oder übel schlecht. Nein, das wollte ich mir nicht länger anhören.
Ade du kleine Sachertorte, ich gehe!


Am Abend, vor dem Schlafengehen, erzählte ich meinem Freund, die unglaubliche Geschichte.
„Könntest du dir vorstellen", empörte ich mich noch immer, „dass wir uns über ein so banales Thema streiten könnten?"
„Nein, Schatz", grinste er mich wohlwollend an, „über ein derart unwichtiges Problem zu streiten, liegt weit unter meinem Niveau. Außerdem ist das alles eine Frage der Organisation. Frauen hätten viel mehr Freizeit wenn sie ihren Haushalt besser organisieren."
„Jaaaaah, da hast du recht", meinte ich müde gähnend, drehte mich um und schlief ein.
Der folgende Tag war mein freier Tag. Meist nutze ich diesen um einfach mal die Wohnung zu putzen. Leidiges Thema, ich weiß! Mit einem riesigen Topf Milchkaffee, einem aufgewärmten, drei Tage alten Croissant, den ich genüsslich in den Kaffee titschte, wandelte ich müde und lustlos durch die Wohnung von Raum zu Raum. Im Vorübergehen sammelte ich wie im Tran die Wäsche meines Gefährten vom Fußboden, schraubte die Zahnpastatube zu, wischte den Spiegel von Rasierschaumspritzern ab, klappte ganz selbstverständlich den Klodeckel runter, sammelte alle Zeitungen zusammen und leerte den Aschenbecher, den ich, wie ganz von selbst, zum stets überfüllten Mülleimer transportierte.


Plötzlich, wie vom Blitz getroffen, schoss mir das unsägliche Gespräch der beiden Frauen im Cafe und der Kommentar meines Freundes wieder in den Sinn.
Was hatte er da gesagt? Das Thema sei weit unter seinem Niveau und Frauen müssten sich besser organisieren. Erst jetzt wurde mir die Tragweite dieser Aussage so richtig bewusst. Unglaublich – und was ist mit meinem Niveau?
„Na gut meine Lieber – heute sollst du einmal erleben, wie ich mich niveauvoll organisieren kann."
Ich war hellwach. Laute Musik sollte her, fröhlich pfeifend begann ich mein Werk. Mittels Schraubenzieher und Zange schraubte ich zunächst einmal den scheinbar für meinen Freund unnötigen Klodeckel ab. Dann bin ich in die Küche gerannt, habe alle vorhandenen Plastiktüten, besonders die der Billigmarken, aufgeschnitten, so dass sie eine viereckige Fläche ergaben. Dekorativ wurden diese auf die untere Hälfte der Kacheln im Klo als Spritzschutz geklebt. Mein Kampf gegen Stehpinkler! Der Spülkasten wurde mit Lippenstift zu einer grinsenden Fratze, signiert mit der Bemerkung: „Bei uns setzen sich auch die Männer hin.", hurtig als Stoppschild deklariert. Die Zahnpastatuben wurden ohne Umschweife ihrer Schraubdeckel entledigt. Der Rasierschaum durch Kernseife ersetzt, die ja bekannter weise nicht spritzt. Handtücher durch mehrere Rollen Haushaltspapier ausgetauscht. Toiletten-Papier in einzelne Blätter aufeinander gestapelt, wobei ich auf dem obersten Blatt die Bitte äußerte, zukünftig nicht mehr als drei Blätter zu verwenden. Drei Rollen in zwei Tagen sind zu viel!
Genial fand ich die Idee, die Aschenbecher gegen Einwegflaschen auszutauschen und halb mit Wasser zu befüllen. Gesamtmüll!
Im Schlafzimmer entfernte ich die Bettwäsche. Legte zwischen Inlett und Laken eine Wolldecke. Kopf- und Kuschelkissen wurden flink entfernt – Luxus! Hemden, Unterwäsche und Bettwäsche holte die Wäscherei ab.

Glücklich und zufrieden sah ich mich in unserem neu organisierten Haushalt um. Viel Arbeit gespart, endlich Zeit für Fitness und Beauty. - So, ich muss jetzt los. Auf einem Zettel schrieb ich ihm noch schnell:

Hallo Mausebär, dein Tipp über die Haushaltsführung war toll.
Organisation ist alles. Bin im Wellnesclub
und lasse mich schön machen für dich.
Dein Schatz – Küsschen – bis nachher.


Ich vergaß aber auch nicht vor dem Verlassen der Wohnung kunstvoll den überfüllten Zwanziglitermülleimer vor der Wohnungstür aufzubauen. Ich ließ ihm keine Chance ihn nicht zu entsorgen!
Was ich allerdings nicht ahnte, war Faktum: gerade an diesem Abend brachte er seinen Chef samt Gattin mit nach Hause, weil er davon ausgegangen war, dass heute mein Putztag war und ich eine schnuckelig saubere Wohnung anzubieten hatte.

Fazit: Wir sind nicht mehr zusammen. Das war alles unter meinem Niveau.
 

 


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