Gesucht und
gefunden
Forschergeist ist
heute mehr denn je gefragt. Sei es nun durch ein wirksames Mittel der
Fernsehverblödung Einhalt zu gebieten, endlich ein deutsches Wort für Handy zu
finden, oder gar ein Müsli auf den Markt zu bringen, das wie ein saftiges
Rindersteak schmeckt. Die Probleme, die die Menschheit der heutigen Zeit so hat,
warten nur darauf, gelöst zu werden.
Doch am Institut von Prof. Dr. Dr. Dr.-Ing. Findig war man wie paralysiert,
seitdem Wissenschaftler herausgefunden haben, dass der Mensch nur ein paar
schlappe Gene mehr hat als die Fruchtfliege.
War menschlicher
Geist überhaupt noch in der Lage, Großes zu erfinden, oder resultierten die
Entdeckungen der Vergangenheit aus purer Zufälligkeit?
Bei Dr. Findig und seinen Kollegen herrschte Ratlosigkeit, und von dem Willen,
auf rauen Wegen zu den Sternen zu gelangen, konnte wirklich keine Rede sein.Nur
eine Ausnahme gab es. Seit Tagen schloß
sich Dr.
Siebenklug in seinem Laboratorium ein. Ließ er sich dennoch für kurze Zeit auf
den kahlen endlosen Fluren des Instituts sehen, hatte er keinen einzigen Blick
mehr für die offensichtlichen Reize, die sich unter dem schneeweißen engen
Laborkittelchen der Kollegin Dr. Müller-Keck verbargen.
Dr. Siebenklug war wohl der fähigste Mann am Institut. Seit der Erfindung
winziger, absolut schallundurchlässiger Ohrstöpsel, die man bei todlangweiligen
Fachvorträgen dröger Kollegen unbemerkt tragen konnte, galt der Mann als genial.
Auch ein Artikel in der Fachpresse, in dem er ankündigte,
dass das Institut
schon bald in der Lage sein wird, Schwarzgeld sauber zu waschen, erregte in
gewissen Kreisen
höchste Aufmerksamkeit.
Siebenklug, einem Mann mittleren Alters, sah man es an, dass er seit Tagen
schlecht geschlafen
hatte. Zwei tiefe
Falten zerfurchten sein Gesicht, und die spitze Nase konnte die randlose Brille
kaum halten. Auch seine Kleidung vernachlässigte der rastlose Erfinder. Die
Anzughose unter dem Arbeitsmantel beulte mächtig, und die Fliege, die das
I-Tüpfelchen seines einst so korrekten Äußeren darstellte, sah aus,
als wenn sie in einen Marmeladentopf gefallen wäre. Hinter vorgehaltener Hand
mutmaßten die
Kollegen, dass
Siebenklug vielleicht an einem wirkungsvollen Fleckenspray tüftele.
Die Institutsmitarbeiter rüsteten sich gerade zur Mittagspause, als ein lautes:
"Heureka" aus dem Laboratorium des Erfinders schallte. Siebenklug verließ seinen
Arbeitsraum und wurde sofort von den Kollegen umdrängt. "Nun, verehrter Dr.
Siebenklug", fragte der Chef, "fügen Sie der langen Erfolgsliste unserer
Einrichtung ein neues Ruhmesblatt hinzu?"
"Äh, nun", stammelte der Angesprochene, "ganz so ist es leider nicht, aber nach
zwei Tagen intensiven Suchens habe ich sie endlich gefunden...."
"Die Rezeptur für das Schwarzgeldwaschpulver?" fragte der Professor
erwartungsfroh."Nein, nein daran forsche ich noch", entgegnete Siebenklug
"gefunden habe ich in
einem leeren
Erlenmayerkolben die Einladung zum morgigen Empfang, den der Präsident der
Erfinder
und Tüftler zu
Ehren hervorragender Forscher gibt."
"Na, wenigstens etwas, Kollege", sagte der Chef, "da vertreten Sie unser
Institut würdig, und
vergessen Sie
nicht zu erwähnen, dass Sie fieberhaft an der Formel zur Herstellung des
Schwarzgeldwaschpulvers arbeiten. Ich bin sicher, dass es bei diesem Bankett an
potentiellen Interessenten nicht mangeln wird..."
© Harald Kriegler