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Gedichte von René Maria Possél

Lyrik

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1

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Prosa

 

 

 

 

Reifeschein


Ein Mensch lernt, auf der Schule nur,
so dies und das, macht Abitur.

Ein Zeugnis, feierlich und steif,
bescheinigt, er sei endlich reif.

Auf hohen Schulen reifer werden,
das soll sein Ziel sein jetzt auf Erden.

Wenn mit Diplom er fertig sei,
sei fertig auch die Reiferei –

denkt sich der Mensch und ist sehr froh!
Doch Reifen – das geht weiter so.

Denn wenn er, Studium beendet,
dem wahren Leben zu sich wendet,

merkt er: Im Leben manches greift
erst dann, wenn man genug gereift.

Zum Beispiel: Es gibt keinen Schein,
um für die Liebe reif sein.

Auch Kinder kriegen ist nicht schwer,
doch reife Eltern sein gar sehr!

Ach, wenn am Gipfel der Karriere
der Mensch auch menschlich reifer wäre…!

Das Reifer werden hört erst auf,
beendet man den Lebenslauf.

Der Mensch lernt schnell mit Abitur:
Die Reife scheint ein Anfang nur!

 

 

Ein Mensch im Inselurlaub


Ein Mensch, durchaus kein Einfaltspinsel,
macht dies Jahr Urlaub auf der Insel.
Er denkt, dass die aparte Lage
zur ungestörten Ruh‘ beitrage.

Der Deich hält schön das Meer zurück,
gibt seine Weiten frei zum Blick;
und gleichmäßig verteilt am Strand:
Hier etwas Sand, da etwas Sand.

Die Insellandschaft, eher nackt,
ist dafür himmlisch eingepackt.
Der Himmel wird, wenn Wind sich rührt,
mit weißen Wolken hübsch garniert.

Nichts fehlt dem Mensch zu seinem Glücke –
gäb’s nicht vom Festland eine Brücke,
drauf Wagen voller Menschen rollen,
die Inselurlaub machen wollen...

Vom Deiche strömt das große Heer
der Surfer, Segler auf das Meer;
und gleichmäßig verteilt am Strand:
Hier etwas Fleisch, da etwas Sand.

Die Insellandschaft wirkt gestresst,
weil von halb Nackten over-dressed.
Der Himmel nimmt’s nicht so genau –
er macht im Sommer meistens blau!

Der Mensch bedenkt die neue Lage:
Sein Urlaub dauert noch acht Tage!
Er fährt nach Haus. Denn Ruhe hat
er in der menschenleeren Stadt.

 

Mieter Mensch

 

vor dem anfang war die erde
ohne alles, wüst und leer
dann fing alles an „es werde –
und es ward“ - so sprach der herr

einen mensch als untermieter
seiner schöpfung schuf er dann
„pfleg mir meinen garten!“ riet er
„damit alles blühen kann“

doch der untermieter mensch hat
diesen ratschlag überhört
dachte nicht sehr weit und hat statt-
dessen seine welt zerstört…

jene untermiet-allüren
hat der mensch perfektioniert
manch vermieter kann sie spüren
wenn er sie bei ihm trainiert

ist ein kratzer an den türen
klemmt das tor, das zu er schlug
wird er sich beim hausherrn rühren
schreit er lautstark lug und trug

wird dagegen hingewiesen
er auf seine mieterpflicht
hält er dies nicht für bewiesen
macht’s im zweifelsfalle nicht

ach, die kleine welt der wohnung
sieht bald wie die große aus
hausherrn sehn es als belohnung
zieht der mieter endlich aus

manche leben wie die maden
eingehüllt in speck und dreck
zahln dafür als mietnomaden
keinen cent und ziehen weg…

ach, am ende wird die erde
wie am anfang: wüst und leer
dass dies chaos wirklich werde
schafft der mensch – es schweigt der herr

 

Schillers Glocke - neu gestimmt

 

Fest auf deutschem Denkmal droben
steht Fritz Schiller, Dichterfürst.
Dieses Jahr wird man ihn loben,
bis das Land vor Jubel birst.
Dass noch Kind und Greis
etwas von ihm weiß,
will das Alte neu man sagen -
sehr zum Segen von Verlagen.

Zum Jubiläum, das wir feiern,
geziemt sich wohl ein lockres Wort:
Genügend gibt‘s, die feiernd leiern
die alten Verse, fort und fort.
So lasst uns fleißig parodieren,
was sich an Bildungsdünkel spreizt,
und die sich schillernd produzieren
sein Geist zu decouvrieren reizt.
Das ists, was Friedrich Schiller meinte:
Ward uns nicht dazu der Verstand,
dass er die wahren Geistesfeinde
versengt mit heißer Worte Brand...?!

Schillers Glocke tönt noch heute:
Seid so frei zu denken, Leute!
 

 

 

 

 

 

Mein Kuli

 

du lagst so gut in meiner rechten hand
ich hielt dich fest um deinen schlanken leib
manch andre hab ich vor dir schon gekannt
bei dir allein hab ich gedacht: ach bleib

du hattest voll dich auf mich eingestellt
das ausgedrückt was ich noch nicht erkannt
bist du gegangen weil dich nichts mehr hält?
ich sitze da mit einer leeren hand

bewege plastikstifte die mir fremd
mal' damit zeichen ohne ein gefühl
bin ohne dich in hirn und herz verklemmt
und meine rechte hand bleibt weiter kühl

wo such ich dich wie hol ich dich zurück
bin ohne deine stütze ausdrucksarm
ich brauch dich buchstäblich zu meinem glück
daß sich der gott der kleinen dinge mein' erbarm

ich will dich ehren zukünftig und nie
nach andern schaun als schreibenden ersatz
ja, du bekommst von mir ein etui
und am kaminsims einen ehrenplatz

ich will dich auch nie mehr in wut verbiegen
noch dich mit meinen zähnen malträtiern
ach, zwischendurch darfst du in ruhe liegen
vielleicht werd ich dich ins theater führn...

ich will dein schlichtes kuli-sein erhöhen
zum musischen organ auf ewigkeit -
was muß ich da zu meinen füßen sehen:
mein kuli! endlich! wurde aber zeit!

 

 

Spätsommerfragen

 

hörst du das fallen
und aufschlagen von
tausenden taumelnder
sommeralter blätter

siehst du wie äpfel
in letzter sonnenstunde
erröten und weinranken
an kalten mauern verbluten

spürst du die sanfte brise
über ausgebleichten halmen
die sich zitternd und müde
an einander anlehnen

gedenkst du der vergessenen
gepäckstücke des sommers:
gelb glänzende strohballen
auf kahlen zugigen feldern

merkst du wie schweigende bäume
sich wandeln im einfall der stare
zu wispernd vibrierenden rampen
für den abflug des sommers

 

 

Ruhrgebietsverse

 

revier-park

weisse dattat schmale geisskraut
rübberkommt von afrika
wer in‘n landschaftspaak ma reinschaut
is ganz wech: dat blüht auch da!

mitten heizkoks von da unten
kam et einz in dem revier
hat ein sauren grund gefunden
und gezz bleibtet ärss ma hier



klär-anlage

bottrop hat ne kläranlage -
dat heisst: deine scheiße fährt
wosse wohnz, vonne etage,
ap dafür – un wird geklärt

abba keinen sacht hier scheiße!
ich hap ziemlich blöd gekuckt
denn dä makker sachte, weisse,
nur „Stoffwechsel-Endprodukt“

 

Heine-Liebe - l'amour de Heine

 

Heine-Liebe

Aus hellem Geist springt Heines Witz.
Er trifft den Punkt, mitunter spitz
und schmerzhaft, wo es nötig war:
Doch jeder Satz ist klar und wahr!

Es ist sein Blick der Liebe, dem
das Liebelose ein Problem.
Und liebevoll ersinnt er schöne,
wahrhaftige und sanfte Töne.

Macht einer sich heut dichtend seine
Gedanken wie einst Heinrich Heine,
braucht er nebst Sprachwitz, Geist und Klarheit
die Liebe Heinrichs für die Wahrheit.

l'amour de Heine

l'esprit l'inspire des bons mots
et il fait mouche - parfois de trop
il frappe là où il faut le faire -
mais chaque phrase est vraie et claire

c'est le regard d'amour de Heine
qui decouvrit la haine humaine
mais plein d'amour, tout doux et bon
est donc à l'occasion son ton

poète qui tache de faire comme lui
des chants songeurs pour aujourd'hui
prends son esprit, la Heine-clarté,
prends son amour de verité

 

morgen


vor mir
von der
aufgehenden sonne
auf die strasse gedruckt
der strichcode der bäume
ich lass mich erfassen
von dem
morgen
vor mir
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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